where life begins

Wie wichtig ist Community?


(07/2023)


Hier stoßen wir auf eine der Grundsatzfragen.
Ich glaube tief daran, dass der Mensch an sich kein Einzelgänger ist. Manche mögen das von sich behaupten, aber selbst unsere in Deutschland so geliebten Studien, sagen da was anderes.
Das Bedürfnis nach Anerkennung, Verbundenheit und Gemeinsamkeiten treibt uns regelrecht an. So geht es auch mir. Lange lange Zeit habe ich gedacht, ich muss besser werden, mich ändern, mich anpassen, weil mein gesellschaftliches Umfeld Erwartungen an mich hatte, die ich scheinbar nicht erfüllen konnte. Sich selbst zu finden und zu akzeptieren ist besonders in jungen Jahren ein Prozess, der im falschen Umfeld unendlich schmerzlich und langwierig sein kann. Umso beflügelnder ist es, wenn man sich dann plötzlich unter Leuten wiederfindet, die so vieles mit einem Teilen: Verstanden zu werden, heißt, Bestätigung in seinem Tun zu finden.


Durch welche Gemeinsamkeiten man sich letztendlich zusammenfindet, ist so unterschiedlich wie Sonne und Mond. Ein Sport, ein Hobby, ein Beruf, eine Lebenseinstellung. Ja, sogar Politik. Durch Gemeinschaft entsteht zumeist auch Freundschaft.


Bezogen auf mein Leben war es doch zuerst das Cheerleading, dass mir ein Gefühl der Zugehörigkeit gab und es ist noch heute ein wichtiger Teil meines Lebens. Bezogen jedoch auf unser Thema der Ortunabhängigkeit, des Reisens und digitalen Nomadentums, ist allein dieser Umstand schon ein gemeinsamer Nenner, der viele neu getroffene Bekannte schnell zu einer Community zusammenwachsen lässt. Jeder einzelne von uns hat sich dazu entschieden, sein Leben anders zu führen als der Großteil unseres heimatlichen Umfelds. Jeder von uns hat sich dazu entschieden, neue Wege zu gehen.


Auf einmal sind da Leute, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, wie man selbst: Vorurteile des eigenen Umfelds, Unverständnis, einengende Strukturen, gesellschaftlich Zwänge. Auf einmal sind da Leute, die vielleicht sogar dieselbe Entwicklung durchgemacht haben wie du. Man ist nicht mehr alleine. Auf einmal muss man sich nicht rechtfertigen, sondern man tauscht Erfahrungen aus – auf Augenhöhe.


Eine Community, die auf so vielen Ebenen direkte Gesprächsthemen bietet, Aktivitäten plant und sich gegenseitig unterstützt.


Digitale Nomaden sind heutzutage so gut vernetzt, wie noch nie zuvor. Egal, wo auf der Welt du bist, es wird in den Sozialen Medien immer eine Chat-Gruppe geben, wo du Gleichgesinnte finden kannst. Eine meiner Lieblingsgruppen ist Host-A-Sister bei Facebook. Eine Gruppe häufig allein reisender Frauen, die sich gegenseitig unterstützt. Sei es, man sucht einen Platz zum Schlafen oder eine Begleitung in ein Museum oder eine Dinner Verabredung.


Tolle Treffen und Aktivitäten findet man auch bei „Meet up“ einer App/Homepage, bei der man Treffen von Digitalen Nomaden, Sportangebote, Soziale Projekte und vieles weites finden kann.


Die Möglichkeiten sind endlos. Eine vollständige Liste meiner „Helfer“ auf der Suche nach Anschluss, stelle ich euch hier später zusammen. Denn nur weil man alleine in ein Flugzeug steigt, heißt es nicht und hieß es für mich nie, dass ich die ganze Zeit allein bin. Ich lerne so viele tolle neue Menschen kennen, genieße die anregenden Gespräche und lerne jeden Tag neues.
Ein weiterer Punkt, auf den mich dieser Gedanke bringt, ist das Thema Einsamkeit. Aber dazu an einer anderen Stelle mehr. Wichtiger ist mir hier der Punkt der Freundschaften, die in dieser einzigartigen Community entstehen können.


Anfangen, will ich mit einer Geschichte.


Wer mich kennt, weiß, dass ich ein aufgeschlossener, manchmal lauter und nach außen hin, niemals schüchterner Mensch bin. Extrovertiert hoch 10. Namen von anderen Menschen merke ich mir über lange Zeiträume, verknüpfe sie mit meinen Erinnerungen an ein Land, einen Ausflug, eine bestimmte Erfahrung. Ich kenne viele Menschen. Ein Fakt.
Und wer mich kennt, der weiß auch, dass ich für ein Stück Kuchen nach Berlin fahre, für eine Geburtstagsfeier nach Corralejo fliege oder spontan meine Zeit in Barcelona verkürze, weil es einem Freund in Valetta nicht gut geht und er Aufmunterung braucht. Freundschaft heißt für mich, für jemanden da zu sein, den Einsatz zu zeigen, die Wertschätzung der Person hervorzuheben. Und ich mache das sehr gerne. Doch wenn ein Freund aus Mexiko, mit dem du zusammen Silvester feiern willst in Österreich, dir absagt, wenn du schon 80% des Weges mit deinem Auto hinter dir hast, bezweifelst du manchmal, ob sich genau dieser Aufwand lohnt. Ich meine… wow, da bin ich durch ganz Deutschland gefahren um dann Silvester alleine in München zu feiern, weil jemand anderes seine Pläne ändert.


Kurz zweifel man doch mal... Was ist mit meiner Wertschätzung? Wie tief gehen diese Freundschaften?
Ist es das wert?


Meine Antwort: JA


Auf Reisen triffst du viele Leute, manchmal sehr viele. Manchmal verbringst du intensive kurze Zeiten mit ihnen, manchmal eine längere, konstantere Zeit. Temporäre Freundschaften entwickeln sich und genau in der Situation, an diesem Ort, ist es eine echte, ehrliche Freundschaft. Doch, wenn du oder die anderen weiterziehen, verändern sich manchmal die Umstände. Ob eine Freundschaft Bestand hat, liegt nur an dir.


Meine Angewohnheit, mir die Namen zu merken, mir Ihre Geschichten zu merken, den Kontakt zu halten, ist in erster Linie auch egoistisch. Ich lerne von ihnen und erweitere meinen Horizont. Sie werden manchmal auch zu meinen Geschichten. „Ich hab mal jemanden getroffen, der…“
Wenn sich dieser Kontakt beidseitig entwickelt, auch über die Distanz hinweg, hat euch eventuell mehr verbunden, als nur ein Ort und eine Zeit. Und genau das ist der Clue an der Sache.


Nimm als Beispiel deine Freunde aus deiner Heimat: eure Verbundenheit rührt aus dem Ort und der Zeit, die ihr gemeinsam aufgewachsen seid. Gemeinsam zur Schule gegangen seid. Die Konstanz hat euch zu Freunden gemacht. Ist eure Freundschaft mehr als nur eine Gewohnheit? Wenn du mal für ein Jahr verreist oder wenn du wegziehst in eine andere Stadt, wirst du es merken. Man lebt sich manchmal eben auseinander, heißt es.


Wenn du nun aber jemanden auf Reisen triffst, dann hast du in erster Linie eines gemeinsam: das Reisen, die Abenteuerlust, den Drang nach Freiheit. Häufig erfahre ich eine ganz andere Verbundenheit mit diesen Menschen, als mit meinen langjährigen Freunden, die ich von zuhause kenne. Sie verstehen mich auf eine andere Art, irgendwie manchmal eine tiefere Art. Und das macht diese, wenn auch manchmal temporären, Freundschaften aus.
Und eines haben alle Freundschaften gemeinsam: Sie bedürfen der Pflege. Beidseitiger Bereitschaft immer ein Stück mehr in diese Freundschaft zu investieren als der andere. Meine Art scheint vielleicht etwas extrem zu sein – ich geh halt aufs Ganze – und gleichzeitig, würde ich all dies immer wieder tun, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Und nein - ich bin auf den Freund, der mich Silvester versetzt hat, nicht böse. Es war eben Umständen geschuldet. Ich würde es wieder tun!


In all diesen Zeilen, kannst du das Wort Freundschaft auch durch Partnerschaft oder Beziehung ersetzen. Denn es gilt auf allen zwischenmenschlichen Ebenen.


Success Story: Damit diese Worte auch nachdrücklich in eurer Erinnerung bleiben, schließe ich nun auch mit einer Geschichte. Eine sehr gute Freundin von mir lebt in Lissabon – weit weg von mir. Kennengelernt haben wir uns in Malaga bei einer Freetour. Sie kam gerade vom Flughafen, ich lief mal wieder Barfuß durch die Gegend. Wir hatten uns direkt gefunden und waren 2 Tage gemeinsam auf Erkundung ohne viele Gesprächspausen zu haben. Beinahe direkt im Anschluss, planten wir gemeinsame Reiseziele – und realisierten viele davon. Es vergeht kaum eine Woche, in der wir keinen Kontakt haben und wenn wir uns sehen, ist es, als wäre es gestern gewesen. Es ist eine beidseitige Entscheidung diese Freundschaft aufrechtzuerhalten und immer einen Schritt mehr aufeinander zuzugehen.



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